Zusammenfassung: Nachdem Capcom mit dem großartigen Resident Evil 7 endlich wieder zum packenden und spannenden Survival-Horror zurückgefunden hat, widmen sich die Japaner mit dem Remake von Resident Evil 2 einem Klassiker, der nicht umsonst zu den beliebtesten Titeln innerhalb der Reihe zählt.
Inhaltsverzeichnis
Alt trifft neu
Während man sich bei der aufwendigen Restaurierung von Resident Evil auf dem Gamecube trotz deutlicher Verbesserungen bei der Technik und leicht erweiterten Arealen hinsichtlich Design sowie Spielmechanik immer noch sehr nah an der Vorlage bewegte, krempelt Capcom das Remake von Resident Evil 2 deutlich mehr um: Anstatt an vorberechneten Schauplätzen mit festen Kameraperspektiven und der klassischen Panzersteuerung des Originals festzuhalten, schlägt man sich jetzt in der Schulteransicht und Echtzeitgrafik durch Raccoon City. Schon alleine durch diesen Umstand unterscheidet sich die Neuauflage klar vom Original und dem Remake des ersten Teils. Hinzu kommen weitere mechanische Modernisierungen, die seit den Revelations-Ablegern Einzug in die Serie gehalten haben. So ist es zum Glück auch hier möglich, dass man sich während des Schießens gleichzeitig bewegen kann.
Generell zählt die überarbeitete Steuerung zu den Stärken und fühlt sich einfach erfreulich rund an. Wird man von einem Zombie gepackt und hat Granaten oder ein Messer zur Hand, darf man außerdem automatische Verteidigungsoptionen anwenden, bevor sich die fauligen Zähne ins Fleisch bohren. Im Original war das noch nicht möglich, in späteren Teilen und Neuauflagen dagegen schon.
In anderen Bereichen bleibt man dagegen traditionell: Zwar benötigt man keine Farbbänder mehr und es gibt automatische Checkpunkte, doch wer seinen Spielstand manuell sichern möchte, muss erneut eine gute, alte Schreibmaschine besuchen. Beim Inventarmanagement bleibt im Prinzip auch alles beim Alten, da man zähneknirschend mit dem begrenzten Platz leben und all den aufgesammelten Krempel wie Waffen, Munition, Schlüssel, Heilkräuter oder andere Gegenstände folglich wieder in den verteilten Kisten zwischenlagern muss. Im Kampf fällt auf, dass manche Gegner seltsamerweise etwas mehr einstecken können als ihre untoten Zeitgenossen – selbst Kopfschüsse. Zudem werden die Korridore schnell wieder mit neuen Zombies aufgefüllt, denen man oft nur schwer ausweichen kann. Eine Begegnung der besonderen Art stellt wieder die Konfrontation mit Mr.X bzw. dem unkaputtbaren Tyrant T-103 dar, der gerne mal spontan durch Wände bricht und sich in bester Terminator-Manier an die Fersen des Spielers heftet. Zwar verliert er mit der Zeit seinen Schrecken, nicht aber den Respekt, denn jeder nähere Körperkontakt endet in der Regel äußerst schmerzhaft und erfordert eine Behandlung mit Kräutern oder dem Heilspray.
Aus vier mach zwei
Bot das Original dank zwei Kampagnen mit jeweils einem alternativen „B-Durchlauf“ insgesamt vier mehr oder weniger verschiedene Abenteuer, wird das Remake nur noch zwei separate Kampagnen enthalten. Dort kreuzen sich zwar immer wieder die Wege von Leon und Claire, aber beide werden auch in separaten Arealen unterwegs sein oder jeweils auf andere Probleme treffen. Das zeigte beim Anspielen z.B. gleich zu Beginn im Parkhaus: Während Leon problemlos ein verschlossenes Tor passieren und zusammen mit seiner Begleiterin Ada die Kanalisation von Raccoon City unsicher machen kann, muss sich Claire erst auf die nervenaufreibende Suche nach einer passenden Schlüsselkarte begeben, um die Barriere zu überwinden und der entführten Sherry Birkin zur Hilfe zu eilen. Genau wie beim GameCube-Remake des ersten Teils wird man darüber hinaus Momente erleben, die es im Original entweder gar nicht gab oder dort noch völlig anders abliefen. Gut so, denn selbst wer den Klassiker aus dem Jahr 1998 in- und auswendig kennt, bekommt trotz vieler Parallelen nicht selten das Gefühl, hier ein komplett neues Spiel zu erleben, in dem man zusätzliche Dinge entdeckt und mitunter sogar vor ganz frische Herausforderungen gestellt wird.
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Neues Hacking-Werkzeug
So darf man hier z.B. in ausgewählten Abschnitten nicht nur Sherry, sondern auch die mysteriöse Ada Wong selbst steuern, die sich mit ihrem Hightech-Werkzeug namens EMF Visualizer in elektronische Systeme wie Lüfteranlagen hacken und sogar verborgene Kabel sichtbar machen kann. Hier werden leichte Erinnerungen an den Scanner aus Resident Evil Revelations wach und leider sorgt die Mechanik auch hier eher für ein gelangweiltes Gähnen, weil man gefühlt immer die gleichen kinderleichten Aktionen durchführt. Erst in Kombination mit Zeitdruck innerhalb einer dramatischen Situation gewinnt der Einsatz des Hacking-Tools etwas an Reiz, doch bilden solche Momente bisher noch die Ausnahme. Daher ist es gut, dass sich die Spielzeit mit Ada vermutlich in Grenzen halten wird und sowohl Leon als auch Claire weiterhin mit anspruchsvolleren Rätseln im typischen Resi-Stil konfrontiert werden, bei denen Gegenstände gefunden und kombiniert, die Umgebung manipuliert oder kreative Schlösser geknackt werden müssen.
Schaurige Kulisse
Technisch erstrahlt das Remake in einem neuen Glanz: Capcom schafft es, die vorberechneten Bilder der Schauplätze von damals hervorragend in die neue 3D-Kulisse zu übertragen. Zum einen ist der Wiedererkennungseffekt hoch, doch sorgt zusammen mit den hochgeschraubten Details vor allem die atmosphärische Beleuchtung dafür, dass die vielen Gänge und Räume hier noch schauriger wirken als beim Original. In Kombination mit dem düsteren Soundtrack entsteht so ein großartiges Horror-Ambiente. Schön wäre es sicherlich, wenn man Resident Evil 2 optional auch in der Ego-Ansicht und im Idealfall sogar mit VR-Unterstützung erleben dürfte, denn der siebte Teil war eine herrlich-intensive Erfahrung. Doch auch am Fernseher kommt der Survival Horror klasse zur Geltung, der vor allem die ersten Teile der Reihe ausgezeichnet hat.
Fazit
Resident Evil 2 zählt zu meinen absoluten Lieblingen innerhalb der Reihe! Entsprechend gespannt, aber auch ein wenig besorgt war ich über Capcoms Pläne für ein Remake. Schon das erste kurze Anspielen auf der E3 hat mich positiv gestimmt, doch jetzt kann ich endgültig aufatmen: Den Japanern scheint es zu gelingen, Tradition und Moderne sinnvoll in der Neuauflage zu verknüpfen! Das manchmal etwas zu begrenzte Inventar sorgt zwar weiterhin für Frust und überflüssige Wege, doch wird man dafür mit einer packenden Atmosphäre, stimmungsvollen Schauplätzen sowie der richtigen Mischung aus Horror, Rätseln und Action entschädigt. Besonders freut mich, dass das Spiel nicht nur technisch modernisiert, sondern auch inhaltlich erweitert und verändert wird. Dadurch fühlt sich die Rückkehr nach Raccoon City selbst für Kenner des Originals angenehm frisch an.